Über die Elite-Uni in die Elite-Liga? Oscar da Silva in Stanford

Ganze 30 Lehrkräfte mit Nobelpreis in der Universitätsgeschichte, ein Jahresetat von knapp 7 Milliarden Dollar: Die Stanford University gehört zu den US-amerikanischen Eliteuniversitäten schlechthin. Berühmte Absolventen sind u. a. die Gründer von Google, YouTube oder PayPal. Doch auch im Sportbereich hat die Universität einige prominente Absolventen. Zu nennen ist hier insbesondere Golflegende Tiger Woods, aber auch die Zwillinge Robin und Brook Lopez schnürten vor ihrer NBA-Karriere die Schuhe für das renommierte Universitätsteam. Seit der Saison 2017/18 tritt auch der einstige NBBL-MVP Oscar da Silva in die Fußstapfen der berühmten Absolventen.

Entscheidung aus akademischen Gründen

Während immer weniger deutsche Top-Talente den Weg ans College wagen, entschied sich da Silva bewusst für den Weg über den großen Teich. Diesen Schritt ging der gebürtige Münchener dabei auch aus akademischen Gründen. So lehnte er Angebote aus der easyCredit BBL zugunsten des Sprungs an die Elite-Uni ab. Dabei war Stanford nicht die einzige renommierte Universität, die den ehemaligen MVP in ihr Programm aufnehmen wollten.

Anfänge in München

Foto: NBBL/ Sven Kuczera

27.5.2017 / NBBL/JBBL Top4 2017 Frankfurt

Die Grundlage für das rege Interesse aus In- und Ausland legte der 2,06 Meter große Forward in JBBL und NBBL, wo er über mehrere Jahre für die International Basketball Akademie München (IBAM) aktiv war. Seine ersten Schritte in Deutschlands höchsten Jugendligen machte da Silva in der Saison 2012/13. Auf 5,5 Punkte und 1,7 Rebounds pro Partie kam das Ausnahmetalent in seiner Debütsaison. In der folgenden Saison gelang dann der große Durchbruch: Mit durchschnittlich 18,5 Punkten und 8,9 Rebounds konnte da Silva seine Werte mehr als verdreifachen. Es folgte der Sprung in der NBBL, der er in den folgenden Jahren ebenfalls seinen Stempel aufdrücken konnte. Als besonders herausragend bleibt dabei seine letzte NBBL-Saison in Erinnerung. 2017 gingen sowohl der MVP-Titel als auch die Auszeichnung als Verteidiger des Jahres an den Münchener. Mit durchschnittlich 20,1 Punkten, 8,4 Rebounds, 3,1 Assists sowie 2,3 Blocks und Steals pro Partie hatte er dabei einen großen Anteil an der erfolgreichen Saison der IBAM, die sich erst im Finale des TOP4 gegen den Stadtrivalen Bayern München geschlagen geben musste.

Parallel zu seinen NBBL-Auftritten sammelte da Silva, der mit der deutschen U18-Nationalmannschaft 2017 das Albert-Schweitzer-Turnier gewinnen konnte, Spielpraxis beim MTSV Schwabing in der 1. Regionalliga. Eine eher untypische Station für einen NBBL-MVP, dessen Teamkollegen aus der U18-Nationalmannschaft zeitgleich ihre ersten Schritte im professionellen Basketball bei renommierten Stationen wie Zalgiris Kaunas (Isaiah Hartenstein), Skyliner Frankfurt (Isaac Bonga) oder ALBA BERLIN (Bennet Hundt). Doch ein mögliches Engagement in einer höheren Liga war mit seinem Wunsch, ans College zu gehen, nicht zu vereinen. So drückte da Silva auch der viertklassigen Regionalliga Süd-Ost mit durchschnittlich 18 Punkte seinen Stempel auf.

Startschwierigkeiten und Durchbruch in Stanford

Dementsprechend stand seinem Wechsel nach Stanford nichts im Wege. Nach einer Eingewöhnungssaison hat sich der 22-Jährige in der Zwischenzeit immer besser akklimatisiert. Die erste Spielzeit verlief noch wechselhaft, ist das Spiel am US-College doch schneller und athletischer als in Deutschland. „Ich habe mir eine solide Basis aufgebaut“, sagte da Silva damals der Süddeutschen Zeitung.

Nun ist er zu einer zentralen Figur im Team von Coach Jerod Haase geworden. 15,7 Punkte und 6,4 Rebounds konnte da Silva in der vergangenen Saison für sich verzeichnen, ehe diese durch die Corona-Pandemie abgebrochen wurde. Seinen Punkteschnitt konnte er dabei im Vergleich zur Vorsaison (9,5 PpS) deutlich steigern und war somit entscheidend an der erfolgreichen Saison seiner Cardinals, die kurz vor der ersten March-Madness-Teilnahme seit 2014 standen, beteiligt.

„Die Enttäuschung war natürlich groß“, so da Silva im Interview mit Omnisport. „Stanford war das letzte Mal 2014 beim NCAA-Turnier dabei und ist da ins Sweet Sixteen gekommen. Wir haben uns darauf gefreut, nochmal ähnlichen Schaden anzurichten.“

NBA ab 2021? Die beste Liga der Welt in Reichweite

Auch die NBA ist ein Thema, das aber erstmal auf 2021 verschoben wurde. Bereits in diesem Jahr liebäugelte da Silva mit einer Teilnahme am Draft, entschied sich aber doch dafür, für ein viertes und letztes Jahr nach Stanford zurückzukehren.

„Ich hätte mich für dieses Jahr gerne angemeldet, um einfach mal an diesem Prozess teilzunehmen. Das machen viele junge Spieler, die sich noch nicht sicher sind – dass man sich anmeldet, um zu schauen, wie die NBA-Teams über einen denken und wie die persönlichen Chancen stehen, ausgewählt zu werden.“

Probetrainings, individuelle Gespräche – das alles wäre nun nicht möglich gewesen. So steht noch ein Jahr in Stanford auf dem Programm.

Das sieht da Silva mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Auf der einen Seite ist es natürlich schade, dass ich die Erfahrung dieses Jahr nicht machen kann, auf der anderen Seite gehe ich nochmal für ein Jahr zurück an eine Universität, die zu den Top-Unis der Welt gehört, die in den vergangenen drei Jahren mein Zuhause geworden ist. Dort kann ich mein Abschluss machen und bin nächstes Jahr hoffentlich wieder in derselben Situation.“

Starke Leistungen auch in der neuen Saison

Mittlerweile läuft die Saison wieder, wie überall unter Corona-Bedingungen. Vier Spiele sind absolviert, Oscar da Silva ist wieder in Topform. Am Nikolaustag erzielte er 26 Punkte gegen die North Carolina A&T Aggis, im Schnitt sind es bisher 17,3 Punkte, 5 Rebounds und 2,8 Assists.

In der College-Liga wird es bald auch zu einem Bruderduell kommen. Sein jüngerer Bruder Tristan, während seiner NBBL-Karriere ebenfalls für die IBAM aktiv, läuft nun ebenfalls in der NCAA, für die University of Colorado Boulder auf.