U20-EM: Die härteste Aufgabe

In jedem Sommer steht auf der internationalen Bühne das Kräftemessen der talentiertesten Youngster aus Europa auf dem Programm. Und es ist noch nicht lange her, dass deutsche Mannschaften bei den Europameisterschaften der männlichen U20-, U18- und U16-Jahrgänge nur eine Nebenrolle – wenn überhaupt – gespielt haben. „Das hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert“, betont Peter Radegast, Sportdirektor des Deutschen Basketball-Bundes und verantwortlich für den Bereich Leistungssport. „Wir sind mit den meisten europäischen Nationen inzwischen auf Augenhöhe.“

„Unfälle“ wie der zwischenzeitliche Abstieg der U18-Equipe in die B-Gruppe (2013) können dennoch passieren, „weil die Leistungsdichte im Jugendbereich inzwischen unheimlich hoch ist“, weiß Radegast. Dazu kommen sich regelmäßig ändernde Turnier-Modi und Abstiegsregelungen, die selbst renommierten Nationen den Angstschweiß auf die Stirn treiben. So wird das Teilnehmerfeld bei der U20-EM, die am morgigen Dienstag in Italien beginnt und bis zum19. Juli dauert, von 20 auf 16 Teams reduziert, weshalb es beim diesjährigen Turnier satte sieben Absteiger geben wird. „In der Abstiegsrunde spielen acht Mannschaften, nur eine schafft den Klassenerhalt“, unterstreicht Radegast. U20-Bundestrainer Franz Menz ergänzt: „Wir peilen zwar das Viertelfinale an, aber den Jungs muss  klar sein, dass die wichtigen Spiele am Ende des Turniers kommen und dass es überhaupt keine Gelegenheit zum Nachlassen gibt. Denn schaffen wir das Viertelfinale nicht, gibt es danach nur noch Endspiele um den Klassenerhalt, da benötigen wir hundertprozentige Konzentration.“

Fast schon traditionell hat Deutschland eine schwere Vorrundengruppe erwischt, unter anderem heißen die Gegner Litauen und Türkei. Platz drei muss her, um die Zwischenrunde zu erreichen, Siege gegen die anderen beiden Vorrundengegner Großbritannien und Slowenien sind da schon fast eingeplant. Dass Menz während der Vorbereitung auf einige Leistungsträger verzichten musste, hat den Optimismus im deutschen Lager nicht unbedingt gesteigert. 2,17-Meter-Center Daniel Mayr (FC Bayern München) stieß erst nach dreimonatiger Verletzungspause zum Team, seine beiden Vereinskollegen Sebastian Schmitt und Dejan Kovacevic (nur auf Abruf) mussten die Teilnahme am Turnier verletzungsbedingt absagen. Ismet Akpinar (Alba Berlin) und Andreas Obst (Bamberg) stießen aufgrund der Playoffs in der Beko BBL erst später zum Kader. Dennoch: Mit den beiden Letztgenannten sowie Mahir Agva (Tübingen), Joschka Ferner (Ulm), Jonas Grof (Hagen) und Andrew Onwuegbuzie (Göttingen) hat Deutschland einige Akteure im Kader, die schon Beko BBL-Luft schnuppern durften und die als Leistungsträger fest eingeplant sind.

In der Vorrunde wird in vier Gruppen a fünf Teams nach dem Modus „Jeder gegen jeden“ gespielt. Die jeweils drei Erstplatzierten der Vorrundengruppen sind „gerettet“ und spielen um die Plätze eins bis zwölf. Von den Viert- und Fünftplatzierten in den Gruppen schafft dann nur noch eine Mannschaft den Klassenerhalt. Grundsätzlich gibt es ein einfaches Rezept: Gewinne die ersten beiden Spiele gegen Slowenien und Großbritannien, setze darauf, dass keiner von den beiden gegen die Türkei oder Litauen gewinnt und habe damit den Klassenerhalt früh gesichert. Menz ist aber natürlich klar, dass es möglicherweise so einfach nicht wird: „Natürlich bringt es dieses ´Rezept´auf den Punkt, aber bis es funktioniert, wird es noch ein ganz schwieriges Unterfangen. Grundsätzlich sind wir alle hochmotiviert und wissen, worum es geht. Wir können mit Selbstbewusstsein antreten“, findet der Bundestrainer (Foto).

Diese Überzeugung zieht Menz aus den Vorstellungen seiner Mannschaft zuletzt beim Turnier in der Türkei, wo es „nur wenige schlechte Phasen gab“. „Ich bin zufrieden mit den zwölf Spielern, die ich bei der EM dabei habe. Es herrscht eine gute Stimmung, wir werden eine echte Mannschaft haben“, ist sich der Bundestrainer sicher. Gleich die erste EM-Partie gegen Slowenien kommt für die deutsche Auswahl einer Art Endspiel gleich. „Wir haben zwar in der Vorbereitung gegen Slowenien verloren, aber ich glaube nicht, dass diese Niederlage eine große Auswirkung hat. In unseren Köpfen ist nur das Auftaktspiel, wir haben sechs Spiele der Slowenen als Video und werden uns detailliert vorbereiten. Und dann werden wir sehen, was dabei heraus kommt“, so der Headcoach weiter.

Nach dem Spiel gegen Slowenien gibt es vor der zweiten EM-Partie gegen Großbritannien einen spielfreien Tag. Ein Vorteil für Deutschland, findet Menz, denn dann könne man die Briten ausgiebig studieren und sich gleichzeitig vom Match am Vortag erholen. „Die Briten sind enorm athletisch und haben gute Werfer. Sie rennen über 40 Minuten“, so Menz über den zweiten Gegner, der mit diesem Jahrgang zuletzt jeweils besser als die DBB-Teams abschnitt. Der U20-Cheftrainer ist zudem überzeugt davon, dass die Türkei und Litauen von „keiner dieser drei Mannschaften zu schlagen sein wird“.

Im Falle des Verpassens der Zwischenrunde sei es immens wichtig, wie man reagiert. „Ich bin sicher, dass sich meine Mannschaft auch dann zerreißen wird, diesen einen rettenden Platz zu erreichen, um nicht in die B-Gruppe absteigen zu müssen. Dies hat auch bei der Zusammenstellung des Teams eine Rolle gespielt“, erklärt der Bundestrainer.

Generell, so Peter Radegast, hätten alle drei Mannschaften von der U20 bis zur U16 den Ehrgeiz und eigenen Anspruch, das Viertelfinale zu erreichen. „Wir wissen, dass das schwer genug wird, deshalb machen wir eine erfolgreiche Europameisterschaft im Nachhinein auch nicht von der letztendlichen Platzierung abhängig.“ Wie dicht Freud’ und Leid’ beisammen liegen, musste 2014 beispielsweise die deutsche U20-Auswahl erfahren: Im letzten Vorrundenspiel gegen die favorisierten Serben unterlag die Menz-Truppe erst nach Verlängerung und musste später gegen den Abstieg kämpfen, während Serbien um die Medaillen mitspielte. „Schlussendlich hat uns nur ein Punkt in der regulären Spielzeit gefehlt, und wir wären oben dabei gewesen“, so Menz.

EM-Vorrundenspiele (dt. Zeit):

Di., 7. Juli 2015, 21.00 Uhr: Deutschland – Slowenien
Do., 9. Juli 2015, 14.15 Uhr: Deutschland – Großbritannien
Fr., 10. Juli 2015, 16.30 Uhr: Deutschland – Litauen
Sa., 11. Juli 2015, 18.45 Uhr: Deutschland – Türkei

Der deutsche U20-EM-Kader:

Ismet Akpinar (ALBA Berlin), Dino Dizdarevic (BCM Baunach, Brose Baskets Bamberg), Constantin Ebert (s. Oliver Baskets), Joschka Ferner (ratiopharm akademie ulm/Weißenhorn Youngstars), Jonas Grof (Phoenix Hagen/Iserlohn Kangaroos), Sebastian Heck (BIS Baskets Speyer), Johannes Joos (Team Ehingen Urspring, MHP Riesen Ludwigsburg), Daniel Mayr (FC Bayern München), Lukas Meisner (Druff! Baskets Braunschweig/University of Columbia), Andreas Obst (Brose Baskets Bike-Cafe Messingschlager Baunach), Christian Sengfelder (Fordham University, USA), Maximilian Ugrai (Foto, s. Oliver Baskets).

Auf Abruf: Dejan Kovacevic (FC Bayern München), David Taylor (University of Pacific/USA), Robert Zinn (Mitteldeutscher BC/BSW Sixers).

Die U20-Herren werden von Delegationsleiter Sascha Dieterich, Bundestrainer Frank Menz, den Co-Trainern Robert Bauer und Steven Clauss, Mannschaftsarzt Dr. Ewgeni Ziring, Physiotherapeutin Claudia Lange sowie Teambetreuer Ronny Skuppin begleitet.

PM: NBBL gGmbH / DBB (JF)