NBBL als Karrieresprungbrett, auch für Coaches?

Wie wird man eigentlich Profitrainer? Wie jeder Lebenslauf ist natürlich auch der Weg zum Headcoach eines Profiteams ganz individuell. Manche Faktoren spielen dabei aber natürlich eine Rolle. Wir wollen uns ansehen, ob die NBBL und JBBL heute auch für Trainer ein wichtiger Zwischenschritt sind und blicken dazu auf einige Trainerkarrieren.

Wie kommt man ganz nach oben? Und wo ist eigentlich oben? Unstrittig ist wohl Folgendes: Das Aushängeschild einer Sportart ist die Nationalmannschaft. Und so ist Henrik Rödl wohl der bekannteste deutsche Trainer, der auch in der NBBL aktiv war. Nach zweieinhalb Jahren als Chefcoach von ALBA BERLIN, war der gebürtige Offenbacher von 2007 bis 2010 als sportlicher Leiter des Berliner Nachwuchsprogramms tätig und übernahm in dieser Funktion auch die Trainerstellen in der Regionalliga sowie des NBBL-Teams der Albatrosse. Zwei Vizetitel und eine Meisterschaft stehen zu Buche. 2009 und 2010 wurde er zudem als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Auch die 39 Spiele währende Siegesserie ist in Erinnerung geblieben.

Zu den bekanntesten Schützlingen seiner NBBL-Zeit zählen unter anderem Niels Giffey, Konstantin Konga, Andreas Seiferth und Joshiko Saibou. Die beiden letztgenannten folgten Rödl dabei im Sommer 2011 nach Trier und stehen sinnbildlich für Rödls Zeit bei der TBB, in der Rödl konsequent auf die Entwicklung junger Spieler setzte. Neben Saibou und Seiferth ist hier vor allem Maik Zirbes zu nennen, dessen Karriere unter Rödl einen wahren Aufschwung erfuhr.
2017 wurde Rödl dann zum Bundestrainer der A-Herren bestimmt und führte die Nationalmannschaft im Anschluss souverän zur Weltmeisterschaft in China im vergangenen Sommer. Trotz des Vorrundenaus hat Rödl den Posten weiter inne und ist nun mit der nicht einfachen Aufgabe betraut, das Team zu den Olympischen Spielen im kommenden Jahr zu führen.

Sechs deutsche Cheftrainer stehen gerade an der Seitenlinie von easyCredit BBL-Teams; auch hier lohnt sich der Blick darauf, wie sie es dahin geschafft haben. Denn häufig sind die U16- und U19-Bundesligen Teil dieser Karrieren.

Ex-Nationalspieler Denis Wucherer hat in der Saison 2008/2009 den TSV Bayer 04 Leverkusen in der NBBL betreut, ist von da zum DBB gewechselt und fand über den Co-Trainer-Job beim FC Bayern Basketball schließlich an die Seitenline eines BBL-Teams. Nach Stationen in Gießen und Köln ist er heute Cheftrainer von s.Oliver Würzburg.

Die Karriere von Thomas Päch ist eng mit der von Henrik Rödl verwoben: Viele Jahre lang war er Assistenztrainer des heutigen Bundestrainers, in Berlin und Trier. So hat er auch in Berlin bis 2010 ein wenig NBBL-Luft geschnuppert. 2015 kehrte der Berliner in seiner Heimat zurück, arbeitete 2017 für wenige Spiele als Cheftrainer und leitet nun die Geschicke der Telekom Baskets Bonn.

Muss man den Verein wechseln, um Karrieresprünge zu machen? Sebastian Gleim und die FRAPORT SKYLINERS zeigen, dass es auch anders geht:  Nach Tätigkeiten im Nachwuchsbereich bei den Eisbären Bremerhaven und beim SC Rist Wedel schloss sich der heute 35-Jährige Sebastian Gleim im Sommer 2014 den Skyliners an. Für die folgenden zwei Jahre war der gebürtige Bad Hersfelder mit der Betreuung des NBBL-Teams (mit Isaac Bonga und Niklas Kiel) betraut. Der wohl größte Erfolg gelang Gleim und seinem Team dabei 2015, als das Finale vor heimischem Publikum erreicht werden konnte. Da begegnete er Richard Freudenberg, der heute im BBL-Kader der Frankfurter ist.

Seit dieser Saison ist Gleim nun für das Bundesligateam aus Frankfurt verantwortlich. Nebenbei ist der ausgebildete Physiotherapeut aber weiterhin Leiter der Nachwuchsförderung der SKYLINERS. Gleims Karriereweg ist dabei vor allem deshalb besonders, weil er von seinem Club systematisch aufgebaut und nach und nach mit immer größeren Aufgaben betraut wurde. Auch in dieser Saison ist das Konzept der SKYLINERS klar zu erkennen, jungen deutschen Spielern zu vertrauen. Vor allem Richard Freudenberg und Leon Kratzer (NBBL MVP 2016) spielen in dieser Saison eine tragende Rolle und stehen durchschnittlich über 20 Minuten pro Spiel auf dem Feld. Auch der 17-jährige Len Schoormann sowie der MVP des letztjährigen NBBL-Finalturniers Bruno Vrcic (19) kamen bereits zu ersten Einsätzen in der höchsten deutschen Spielklasse.

Auch Mladen Drijencic ist einer der BBL-Trainer, die in den U16- und U19-Bundesligen ihre ersten Schritte gemacht haben. 2010 kam der Bosnier nach Oldenburg und übernahm das JBBL-Team des ambitionierten Programms. Schnell ging es für ihn nach oben, schon bald stand er an der Seitenlinie der Regionalliga-Mannschaft und schaffte 2012 den Aufstieg in die ProB. Dort blieb er Headcoach, bis er 2015 erneut zu Höherem berufen wurde: Nach der Entlassung von Sebastian Machowski wurde Drijencic Cheftrainer des Bundesligateams der EWE Baskets. Und schon nach drei Wochen und mit dem Pokalsieg in der Tasche wurde sein Vertrag verlängert.

Fünf der sieben deutschen Coaches auf den wichtigsten Positionen waren in also NBBL und JBBL aktiv. Mit Björn Harmsen (SYNTAINICS MBC) und Ingo Freyer (JobStairs GIESSEN 46ers) sind nur zwei deutsche Trainer in der BBL aktiv, die keine Erfahrung in den Nachwuchs und Jugend Basketball Bundesligen gesammelt haben. Beide hatten den Sprung zum Profitrainer allerdings schon geschafft, bevor die Ligen überhaupt gegründet wurden.

ProA-Coaches: Viele Wege führen nach Rom

In der zweiten Liga finden sich hier doch ebenfalls verschiedene interessante Karrierewege, mit und ohne Zwischenschritte in NBBL und JBBL.

Christian Held (RÖMERSTROM Gladiators Trier) zum Beispiel hat einige Jahre in Oldenburg den vereinsinternen Weg verfolgt und es so auch schnell weit nach oben geschafft. Nachdem er erfolgreich als Trainer der Baskets Akademie Weser-Ems in der NBBL tätig war, wurde Held mit gerade einmal 26 Jahren Head-Coach des ProB-Teams der Oldenburger. Sein Einstand hätte dabei nicht besser laufen können: Nachdem er die Mannschaft im März übernahm gelang es Held mit seinem Team den Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen. Nach einem weiteren Jahr als ProB-Headcoach entschloss sich Held ein Angebot als Assistenztrainer in Trier anzunehmen. 2018 wurde er als neuer Cheftrainer der Moselstädter präsentiert und konnte in seiner ersten Saison das Saisonziel Playoffs erreichen.

Auch Domenik Reinboth, Trainer des TEAM EHINGEN URSPRING gehört mit 36 Jahren zu den jüngeren Headcoaches der Liga. Sein Werdegang als Trainer ähnelt dabei stark dem von Sebastian Gleim in Frankfurt. Nach Stationen beim TV Bensberg, Bayer Leverkusen und dem Westdeutschen Basketballverband ging es für Reinboth 2012 nach Urspring, wo er parallel Co-Trainer des ProA-Teams (unter dem jetzigen Nürnberger Coach Ralph Junge) sowie Headcoach der JBBL-Mannschaft war. Nach zwei Saisons in der U16-Bundesliga, wurde Reinboth 2014 Trainer des NBBL-Teams der Ehinger. Obwohl das Finalturnier erstmals in der NBBL-Geschichte verpasst wurde, wurde Reinboth nach nur einer Saison als NBBL-Coach zum Headcoach des gerade in die ProB abgestiegenen Profiteams beordert. Direkt in seiner ersten Saison gelang dem 36-Jährigen der sofortiger Wiederaufstieg, folgerichtig wurde er auch als „Trainer des Jahres“ ausgezeichnet.

Die Trainerlaufbahn von Hansi Gnad hat ebenfalls ihre Anfänge in der NBBL genommen. Der Europameister von 1993 war in Leverkusen als NBBL-Coach tätig, hat 2018 die erste Mannschaft übernommen und den Aufstieg aus der ProB geschafft. Mit 21 Siegen aus 22 Spielen stellte sein Team dabei gleich einen Ligarekord auf.

Bei Ralph Junge (Nürnberg Falcons BC) ist fraglich, ob die Formulierung „Karrieresprungbrett“ mit Blick auf NBBL und JBBL in seinem Fall überhaupt angebracht ist. Als Chef des NBBL-Rekordmeisters Urspring hat er die Nachwuchsligen geprägt wie kaum ein anderer. Und dabei längst auch ein Team in den Profiligen gecoacht. Auch als ProA-Headcoach in Nürnberg, wo er im Sommer den sportlichen Aufstieg in die BBL feiern konnte, setzt er auf talentierte deutsche Spieler, die er entwickeln kann. David Rösch, gerade erst als neuer Headcoach der Kirchheim Knights vorgestellt, darf in dieser Aufzählung nicht fehlen: Sieben Jahre lang arbeitete er als NBBL- und JBBL-Trainer in Tübingen.

Zwei ProA-Coaches dagegen zeigen, dass ein Weg ohne NBBL und JBBL auch heute noch möglich ist: Tuna Isler, seit wenigen Wochen in Quakenbrück verantwortlich, hat es von seinem Heimatverein SG Weiterstadt über einen Job bei Galatasary Istanbul zum Cheftrainerposten in der ProB gebracht. Nun steht er auch in der ProA an der Seitenlinie und ersetzt Florian Hartenstein.

Auch Alen Velcic (wiha Panthers Schwenningen) steht für einen anderen Weg, der in dieser Form möglicherweise einzigartig ist: Neben verschiedenen Stationen in Süddeutschland bestand die Karriere des gebürtigen Schwenningers vor allem darin, seinen Heimatverein aus der Kreisliga immer weiter nach oben zu bringen. In diesem Sommer sind die wiha Panthers sogar in der ProA angekommen. Velcic hat sich also mit seinem Verein mitentwickelt – man darf gespannt sein, wohin die Reise noch geht.

Die Veteranen Frank Menz (Science City Jena) und Doug Spradley (Tigers Tübingen) dagegen waren dagegen längst „oben“ (Menz als Jugend-Bundestrainer, Spradley in der BBL) angekommen, als die NBBL aus der Taufe gehoben wurde.

Insgesamt zeigt sich, dass JBBL und NBBL nicht nur für Spieler ein entscheidendes Sprungbrett in den Profibereich sind. Und das obwohl die Anforderungen an Jugendtrainer sich durchaus von denen im Herrenbereich unterscheiden können.

Auch in dieser Saison sind wieder neue Trainer in die NBBL geströmt. Die Jobs in der U19-Bundesliga sind dabei heute nur noch selten der Karrierestart, denn wer eine der begehrten Positionen haben möchte, sollte seine Fähigkeiten an der Seitenlinie schon einmal in niedrigeren Ligen bewiesen haben.

Ein Gegenbeispiel ist Anton Gavel:  Seit vergangenem Sommer ist er als Trainer für die Pro B-Mannschaft OrangeAcademy sowie das NBBL-Team von ratiopharm ulm verantwortlich. Nicht wenige trauen dem 35-Jährigen, der im Verlauf seiner Spielerkarriere fünf deutsche Meisterschaften gewinnen konnte, auch eine ruhmreiche Trainerkarriere zu.

Auch wenn die NBBL und JBBL im deutschen Basketball eine immer wichtigere Rolle spielen: Den Königsweg gibt es nie. Wir wünschen allen Trainern viel Erfolg, allen Lesern einen guten Rutsch und ein schönes Jahr 2020!