Higherlevel: JBBL-Headcoach Josef Dulibic im Interview

Alba, BGZ und SSC Südwest kooperieren nun mittlerweile im vierten Jahr, um ein leistungssportliches Angebot in der JBBL unter dem Namen „Higherlevel Berlin“ zu bieten. Nachdem Norbert Opitz drei Jahre lang das Projekt maßgeblich geprägt hat, geht das Projekt mit einem neuen Headcoach aus der Alba Berlin Riege an den Start. Seit einigen Wochen ist Josef Dulibic der neue JBBL Headcoach der Südberliner Erfolgsgeschichte und lässt den Kader schwitzen. Nichtsdestotrotz nahm sich Josef gerne Zeit, sich den neugierigen Fragen zu stellen. Wir trafen uns an einem warmen Tag im August, um dem sympathischen Trainer das ein oder andere Detail seiner Trainerlaufbahn sowie seiner Philosophie zu entlocken.

Higherlevel Berlin: Hallo Josef, danke, dass Du Dir Zeit für unser Gespräch nimmst. Steigen wir direkt ein: Erzähl doch mal, wie dich das Basketballfieber gepackt hat.
Josef Dulibic: Der Erstkontakt mit Basketball war nicht so positiv. (Josef lacht). Es muss in der fünften oder sechsten Klasse gewesen sein. Im Sportunterricht gab es eine Note für den Korbleger. Das lief nicht so gut und ich habe eine „4“ bekommen. Unser Lehrer gab uns eine Woche später noch einmal die Chance, die Note zu verbessern. Ich habe also geübt und konnte meine Note tatsächlich verbessern. Ich glaube, ich habe sogar eine „1“ bekommen. Irgendwie hat es Spaß gemacht und ich habe mich entscheiden, Fußball gegen Basketball einzutauschen. Das war ungewöhnlich, weil alle Nachbarskinder Fußball spielten.

Wie ging es dann weiter? Du hast dann zu deinen Freunden gesagt „Ich will Basketball ausprobieren, kommt jemand mit zum Probetraining?“
Ich habe mir einen Basketball gekauft und auf dem Freiplatz gespielt. Kaum jemand spielte damals Basketball, also bin ich mit meiner jüngeren Schwester auf den Freiplatz gegangen und wir haben viel auf den Korb geworfen. Da entstand dann die Idee, in einen Basketballverein zu gehen. Das war damals der MTSV Schwabing. Am Ende der sechsten Klasse bin ich dann eingetreten.

Wie sah deine Basketballjugend aus?
Ich habe bis kurz vor dem Abitur Basketball gespielt. Alles bis einschließlich zur mu18. Unser Trainer war damals hauptberuflich Taxifahrer, also fiel auch mal das ein oder andere Training aus. Das ist mit den Umständen heutzutage gar nicht zu vergleichen. Krafttraining, Kraftraum. So was gab es alles nicht. Wir haben eigentlich rekreativen Basketball gespielt.

Wie und wann hast Du für Dich die Entscheidung getroffen, Basketballtrainer als Beruf haben zu wollen? Direkt nach dem Abitur?
Nein. Das kam erst später und auch zufällig. Nach dem Abitur bin ich nach Zagreb gezogen, um dort Architektur zu studieren. Ich wollte München verlassen und selbständiger werden. Als ich 22 Jahre alt war, hatte ich viel Zeit an der Uni. Ich hatte nicht alle Kurse bekommen und somit parallel ein Hochschulstudium im Bereich Sportwissenschaft belegt. Dadurch habe ich die Möglichkeit erhalten, eine Schul-AG für einen Basketballverein zu leiten. Ich kann mich noch gut an die erste Stunde erinnern. Mich hat sofort die Atmosphäre gepackt, die Freude der Kinder zu sehen, das war schon ein großartiges Gefühl.

Der Einstieg war also die Schul-AG?
Genau. Es hat einfach viel Spaß gemacht, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Mit ihnen Wettkämpfe zu spielen. Das kam mir nie wie Arbeit vor wie Spaß. Die Bezahlung der AG war an die Anzahl der teilnehmenden Kinder gekoppelt. Das Geld war für damalige Verhältnisse circa 30% des Durchschnittslohns. Dennoch war klar: Von einer AG kann man nicht leben.

Wie ging es dann weiter auf dem Weg zum Trainerberuf?
Der Direktor der kroatischen Basketballschule hat meine Arbeit bemerkt und mochte mich offensichtlich. Er bot mir an, bei der mu14 und mu20 mitzumachen und Erfahrungen zu sammeln. So kam ich schnell mit Leistungssportlern in Berührung, von denen 80% später Profis wurden. Das war eine ganz andere Sache, die ich aus eigener Spielerfahrung gar nicht kannte. Ich habe dann auch irgendwann kroatische Nationalmannschaften im Jugendbereich begleiten dürfen. Irgendwann hatte ich einen Arbeitsaufwand von 7-8 Stunden täglich, die ich dem Basketball gewidmet habe. Ich stellte mir schon die Frage, ob und wie es mit dem Architekturstudium weitergehen kann, da mein ganzer Tag gefüllt war. Es war letztendlich eine der leichtesten Entscheidungen überhaupt. Ich wusste, dass ich Basketball zu meinem Beruf machen wollte. Meine erste richtige Anstellung habe ich erst nach 5 oder 6 Jahren bei Cibona Zagreb erhalten. Die Zeit davor habe ich komplett ehrenamtlich als Trainer gearbeitet. Zusätzlich habe ich natürlich noch andere Studentenjobs gemacht, um meine Miete zahlen zu können.

Welche Trainerstationen hast Du hinter Dir?
Ich war insgesamt 13 Jahre bei Cibona Zagreb als Trainer tätig und bin dann für einige Monate nach Bosnien gegangen, um dort eine mu18 zu coachen, die auch in der 2. Liga spielte. In mir kam der Wunsch einer Veränderung auf. Die bosnische Kleinstadt, für die ich mich entschieden habe, hatte zwar nur 4.500 Einwohner und doch eine lange Basketballtradition. Ich wurde vom damaligen Präsidenten gebeten, die Strukturen des Basketballvereins zu verbessern und in die richtigen Bahnen zu lenken. Das kam mir wie die Arbeit in einer Mine vor. Man sucht nach dem nächsten Goldstück in Schulen etc. Nach drei Monaten kam dann allerdings das Angebot von Alba Berlin, Headcoach der NBBL zu werden. Dieses Angebot hatte natürlich einen kleinen leistungssportlichen Fokus, der mir gefallen hat, so dass ich mich entschied, das Angebot anzunehmen.

Wie ist Alba Berlin auf Dich aufmerksam geworden?
In den Sommerferien habe ich bei diversen Nationalmannschaften als Co-Trainer gearbeitet. Dadurch kam man schnell mit anderen Menschen in Berührung und es entsteht nach und nach ein Netzwerk. Durch ehemalige Spieler, mit denen ich gearbeitet habe, kannte man meinen Namen und hat einen Eindruck meiner Trainerqualität erhalten. So ist letztlich Himar Ojeda – der aktuelle Sportdirektor von Alba Berlin – auf mich aufmerksam geworden und hat mir das Angebot nach Berlin zu kommen. Ursprünglich suchte er einen Scout für Osteuropa, der die Strukturen und Spieler im ehemaligen Jugoslawien kennt. Ich wurde Himar über diverse Zufälle empfohlen und haben uns persönlich bei der damaligen u19 Weltmeisterschaft kennengelernt. Als Himar sich entschieden hat, das Angebot von Alba Berlin anzunehmen, bin ich ihm gefolgt und nach Berlin gegangen.

Das klingt, als hätte es viele Zufälle geben, die dich nach Berlin und zu Alba brachten. Läuft eine Trainerkarriere immer zufällig ab?
Das ist schwer zu sagen. Zu meiner Zeit gab es kaum hauptamtliche Trainer. Das war früher ganz anders. Man hat gar nicht so langfristig gedacht. Ich glaube, es ist in Deutschland viel einfacher, hauptamtlicher Trainer zu werden, weil der Markt einfach viel größer ist. Allein durch die Bundesligisten in der BBL muss es 54 hauptamtliche Trainer/innen geben.

Wie beurteilst Du den Standort Deutschland aus basketballerischer Sicht?
Es gibt viele Trainer, die aus dem Ausland kommen. Es ist Bewegung in Europa. Die Größe Deutschands, die Jobsicherheit und die Gehaltsaussichten sind schon starke Argumente für eine Anstellung in Deutschland.

Du bist jetzt zwei Jahren in Deutschland für Alba Berlin tätig. Wie lief der Empfang ab?
Josef Dulibic: Alba Berlin hatte ein Gastspiel in Zagreb im Jahr 2017, bei dem ich die Chance hatte, Marco Baldi kennenzulernen. Da gab es die ersten Gespräche. Als ich nach Berlin gekommen bin, hat Norbert Opitz mich vom Flughafen abgeholt.

Wie sahen deine zwei Saisons bei Alba in der NBBL aus?
Als NBBL Trainer habe ich drei Frühtrainings gegeben, welche dienstags bis donnerstags stattgefunden haben. Dann war ich kurz zuhause. Ich habe mir die Spiele vom letzten Wochenende angesehen und ausgewertet, den Jungs geschnitten und geschickt. Dann kamen die normalen Teamstrainings am Nachmittag. Am Wochenende haben wir zwei Spiele gespielt: Samstags in der 1. Regionalliga. Am Sonntag dann in der NBBL.

Hast Du Dir in den zwei Jahren in Berlin eine Meinung über die Berliner Basketballlandschaft machen können?
Aufgrund des enormen Trainings-und Spielumfangs war das kaum möglich. Natürlich hätte ich gerne mehr Spiele und mir die Trainingsqualität unterhalb der NBBL angesehen, um auch auf NBBL Niveau zu verstehen, weshalb die Spieler so ausgebildet sind wie sie sind. Natürlich war es mir wichtig zu verstehen, wie die Berliner Vereine arbeiten. Wer arbeitet mit den Kids, wie viel trainieren sie, was trainieren sie. Alba Berlin als Profiverein ist natürlich der Leuchtturm, der irgendwann das gesamte Talent bei sich vereinen sollte. Ich glaube, Berlin hat als Stadt in diesem Bereich riesiges Potenzial.

Wie setzt Du deine Schwerpunkte in der Arbeit bei Higherlevel für die kommende Saison?
Ich möchte auf jeden Fall in die Schulen gehen, um Rohdiamanten zu sichten. Ich möchte das Leistungssportkonzept größer denken. Natürlich ist es schön, wenn ich Spieler ausbilden kann, die die Anforderungen bei Alba Berlin erreichen können. Die Jungs, die es nicht zu Alba schaffen, bringt das Training natürlich auch eine Menge. Man lernt so viel über sich, die Selbstorganisation. Die Jungs lernen, mehr und besser über ihre Zeit nachzudenken. Ich bin überzeugt, sie werden durch das Training auch zu besseren Menschen, selbst wenn sie das Ziel, irgendwann bei Alba zu spielen, nicht erreichen.

Higherlevel Berlin: Wie relativierst Du Dich nach einem Spiel? Darf Dich deine Partnerin ansprechen oder brauchst Du deine Ruhe?
(lacht): Natürlich darf sie mich ansprechen. Dennoch läuft das Spiel wie ein Film im Gehirn ab. Es passiert ganz natürlich. Welchen Rebound haben wir abgeschenkt, warum hatten wir 30 Ballverluste und der Gegner nur 7? Darüber denke ich eine ganze Weile nach und leite daraus dann Erkenntnisse für das nächste Training ab.

Higherlevel Berlin: Zum Abschluss unseres Interviews habe ich noch einige Quickhitter. Bitte antworte so kurz wie möglich.
1. LeBron oder MJ?
MJ

2. Freikarten für Courtside für das Euroleague Finale oder Game 7 der NBA Finals?
Game 7 der NBA Finals

3. Meine größte Stärke als Trainer ist?
Den Jungs, Spielverständnis beizubringen.

4. Meine größte Schwäche als Trainer ist?
Geduldig sein und warten

5. Welches Buch hast Du zuletzt gelesen?
Pat Riley: „The winner within“

6. Mein schönster Basketballaugenblick war?
Der Gewinn der NBBL Meisterschaft 2017/18

Das spannendste Spiel, das ich je live gesehen habe?
Das Finale Adriatic League von Cibona vs. Partizan in Zagreb 2010. Das Spiel wurde mit einem 3er in der letzten Sekunde über das ganze Spielfeld von Partizan gewonnen.

8. Wie viele Tage im Jahr denkst Du nicht an Basketball?
Das kommt nicht vor obwohl es manchmal schön wäre mal abschalten zu können 🙂

Higherlevel Berlin: Josef, wir danken Dir für dieses Interview und wünsche Dir viel Spaß und Erfolg in der Saison 19/20.

 

PM: Higherlevel Berlin