Die Voigtmann-Brüder: In Jena zu Profis gereift

Johannes und Georg Voigtmann haben das Basketball-ABC bei Science City Jena gelernt. Während einer NBBL-Saison standen sie sogar im selben Kader. Heute verdienen sie mit ihrem Sport ihr Geld.

Klar, die Frage muss kommen. Eins gegen Eins, wer gewinnt? Johannes „Joe“ Voigtmann, Euroleague-Spieler, deutscher Nationalspieler, atmet kurz durch. Den „kleinen“ Bruder in die Pfanne hauen? Das geht nicht, auch wenn der Ältere (26 Jahre) in einem direkten Duell mit dem Jüngeren wohl als Sieger vom Basketball-Court gehen würde. „Ich weiß nicht, wir haben schon lange nicht mehr gegeneinander gespielt“, sagt Joe mit einem Augenzwinkern. Bruder Georg, zwei Jahre jünger, ist durchaus realistisch: „Johannes spielt ja nicht umsonst in der stärksten Liga Europas und ist Nationalspieler. Es stimmt, wir haben lange nicht Eins gegen Eins gespielt, aber normalerweise geht er als Sieger vom Parkett.“ Dafür, ergänzt Georg grinsend, „werde ich ihn im Sommer im Tennis schlagen. Mein Training beginnt bald!“

 

Foto: Peter Zschage

Johannes und Georg Voigtmann, beide geboren im thüringischen Eisenach, haben es geschafft: Sie verdienen ihren Lebensunterhalt mit Basketball – der eine etwas erfolgreicher, Georg in der letzten Saison immerhin in der ProA, wo er mit den NINERS Chemnitz ganz knapp den Aufstieg in die BBL verpasste, weil es im entscheidenden fünften Spiel in der Serie gegen die Hamburg Towers eine Heimniederlage setzte. Was beide eint, ist neben der fast identischen Körpergröße (Georg 2,13 Meter, Joe 2,11) ihr gemeinsamer sportlicher Werdegang in Jugendtagen: Von ihrem Heimatort Eisenach, wo sie zunächst Handball spielten, folgte früh der Umzug ins Sportinternat nach Jena. Johannes war der Vorreiter, Bruder Georg folgte zwei Jahre später. „Für uns gab es damals nichts Besseres“, erinnert sich der Center des spanischen Top-Teams  Laboral Kutxa Vitoria. „Wir waren beide sportbegeistert, und in Jena konnten wir Schule und Basketball am besten unter einen Hut bringen.“ Fast jeden Morgen wurde vor der Schule trainiert, abends dann fünfmal in der Woche – Profibedingungen. Und beide lernten schnell dazu. „Anfangs war es etwas schwierig für uns, wir kamen ja vom Handball und waren harten Körperkontakt gewohnt. Manche Fouls, die wir dann beim Basketball gemacht haben, haben wir auch nicht immer verstanden“, grinst Georg. „Und die Schrittfehlerregel anfangs auch nicht“, ergänzt Joe lachend.

 

„Manche Fouls, die wir dann beim Basketball gemacht haben, haben wir auch nicht immer verstanden“

 

Inzwischen haben sie sich beides, regelkonforme Defensivarbeit und korrektes Dribbeln, draufgeschafft. Dabei half ihnen die Basketball-Schule von Science City Jena, wo Johannes und Georg Voigtmann in der JBBL- und NBBL-Mannschaft das Einmaleins der Basketball-Fundamentals lernten. „Ich kann mich noch gut an mein erstes Jahr in der U16-Bundesliga erinnern, damals unter meinem Trainer Tino Stumpf“, erzählt Joe Voigtmann. „Ehrlich gesagt war ich zu diesem Zeitpunkt noch ziemlich weit weg vom Niveau meiner Teamkameraden; ich war froh, überhaupt dabei zu sein und in die JBBL hineinschnuppern zu können.“ In der zweiten JBBL-Saison lief es für den heutigen A-Nationalspieler, der mit 15 Jahren schon 1,90 Meter groß war, deutlich besser, und in den drei NBBL-Jahren im Trikot von Science City Jena entwickelte er sich zum absoluten Leistungsträger des Teams.

 

Eine ähnliche Entwicklung nahm Bruder Georg, der, zwei Jahre zeitversetzt, in Jena eine JBBL- und anschließend auch drei NBBL-Spielzeiten bestritt. In seinem ersten und Johannes‘ letztem NBBL-Jahr standen sie dann auch gemeinsam im selben Kader – das bislang einzige Mal in ihrer Karriere. „Joe und ich waren eigentlich seit frühester Jugend sehr sportbegeistert, egal um welche Sportart es sich handelte. Die Zeit in Jena hat dann unseren Willen bestärkt, Profi werden zu wollen“, sagt Georg Voigtmann.

 

„Die Zeit in Jena hat dann unseren Willen bestärkt, Profi werden zu wollen“

 

Foto: DBB

Während sich die Brüder von ihrer physischen Konstitution her ähneln, erwies sich der Ältere als das größere Talent: Nach zwei Jahren im Jenaer ProA-Team wechselte Joe zu den FRAPORT SKYLINERS, wo er zu einem Center von europäischem Top-Niveau heranreifte. Im Sommer 2014 wurde der Big Man zum renommierten Basketball-Camp in Treviso eingeladen, an dem die besten europäischen Nachwuchstalente teilnehmen. In der BBL-Saison 2014/2015 wurde er mit den zwei Awards zum „Besten deutschen Nachwuchsspieler (U23)“ und „Most Improved Player (MIP)“ ausgezeichnet. 2016 gewann er mit Frankfurt den FIBA Europe Cup, ehe er dann im Sommer 2016 zum spanischen Erstligisten Vitoria wechselte, die für den Deutschen eine Ablösesumme im hohen fünfstelligen Bereich auf den Tisch legten.

 

Bis heute lief er 54 Mal für die Deutsche Nationalmannschaft auf, die Teilnahme an der WM in China im kommenden Sommer ist sein großer Traum. „Wir haben jede Menge Talent, gerade auf den großen Positionen. Ich werde alles dafür geben, dabei zu sein. Allerdings gibt es maximal sechs Leute auf den großen Positionen, die mit nach China fahren. Wenn wirklich alle Top-Spieler von uns an der Vorbereitung teilnehmen, wird der Konkurrenzkampf extrem groß werden“, sieht sich Voigtmann selbst mit der Erfahrung von 94 Euroleague-Spielen im Nationalteam nicht als gesetzt an.

 

Sollte Bundestrainer Henrik Rödl Voigtmann nominieren, wird sein größter Fan und vielleicht der, der ihn am besten kennt, mit Sicherheit vor dem Fernseher sitzen: „Schon bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren habe ich am TV kein Spiel von Joe und dem deutschen Team verpasst. Ich glaube, dass sie das Zeug dazu haben, ins Viertelfinale einzuziehen und sich für die Olympischen Spiele in Tokio zu qualifizieren“, meint Georg Voigtmann. Bei welchem Klub er zu diesem Zeitpunkt die Saisonvorbereitung absolvieren wird, weiß er noch nicht; sein Vertrag in Chemnitz ist ausgelaufen. „Ich lasse alles auf mich zukommen“, bleibt der 24-Jährige relaxed. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, in Chemnitz zu bleiben, bin aber auch für andere Angebote offen.“

 

Eingeplant ist Ende Mai auf jeden Fall ein Besuch beim NBBL/JBBL TOP4 in seiner sportlichen Heimat Jena. „Kontakte nach Jena gibt es nach wie vor. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich wieder hierhin zurückkommen kann.“ Seinen Bruder Johannes wird er beim Turnier nicht treffen, der spielt zu diesem Zeitpunkt noch die Playoffs in der spanischen ACB. Im Sommer werden sich aber auf jeden Fall ihre Wege kreuzen – schließlich steht noch ein Bruder-Duell im Tennis auf dem Programm…

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PM: NBBL gGmbH / JF